Mit Interesse habe ich das Focus-Interview mit Professor Holsboer gelesen und festgestellt, dass die eigentliche Message von journalistischer Seite nur unzureichend zur Kenntnis genommen wurde. Professor Holsboer stellt auf Nachfrage eindrucksvoll fest, dass er eine depressive Erkrankung bei dem Co-Piloten des Germanwingsfluges zur Tatzeit ausschließe. "Depressive tun so etwas nicht", so Professor Holsboer, weiter wäre ein "schwer Depressiver zu so komplexen Handlungsabläufen, wie Flugvorbereitung und Aussperren des Kapitäns gar nicht in der Lage". Diese eindeutige und aus psychiatrisch-nervenärztlicher Sicht nur zu unterstreichende Aussa ge wurde jedoch in der Focus Ausgabe stark verwässert und zugunsten der landläufigen Meinung unter den Teppich gekehrt. In Überschrift und Einleitungstext blieb die entscheidende Kernaussage, dass bei dem Co-Piloten von einer Persönlichkeitsstörung und eben keiner Depression ausgegangen werden muss, nicht nur unberücksichtigt, die Journalistin Frau Hollweg ging sogar noch einen Schritt weiter, indem sie die von Professor Holsboer ausgeschlossene Depression kurzer Hand auf Zweifel an einer Depression reduzierte, anstatt die Expertenmeinung unverfälscht zur Geltung zu bringen.
Von der Presse wurde die Gelegenheit, mit dem Stigma Depression aufzuräumen bzw. für Klarheit zu sorgen, mit einem halbherzigen Interview vertan. Das Stigma Depression ist durch den Flugzeugabsturz und die mediale Berichterstattung wieder da und die mühsam erkämpfte Akzeptanz infrage gestellt. Das haben aber Menschen die an Depressionen leiden nicht verdient. Bitte erkennen Sie dies auch i n Ihrem Artikel an!
Dr. Lorenz Schweyer, Facharzt für Nervenheilkunde, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie am IMB Interdisziplinäre Medizinische Begutachtung München.
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